«Das Niveau ist extrem gestiegen»
Ramon Zenhäusern, ein zweiter Rang im Weltcup ist toll, aber Hand aufs Herz: Sie hätten sich auch gern als «König von Zagreb» feiern lassen? «Wenn man sieht, wie sie das feiern – der Sieger sitzt auf dem Thron – und wenn man bedenkt, wie wenig gefehlt hat, dann ‹fuchst› das schon ein bisschen, klar. Aber beklagen will ich mich überhaupt nicht. Ein Podestplatz ist immer ein tolles Ergebnis, vor allem nach dem Einfädler in Val d’Isère, da war es wichtig, wieder ein gutes Resultat zu liefern.»
Ist es ein Unterschied, als Führender in den zweiten Lauf zu gehen? «Der Slalom ist eh schon eine Nervensache; wenn man oben so lange warten muss, bis man ‹dran› ist, wird man noch ein bisschen nervöser. Es ist aber alles auch eine Frage der Erfahrung. In Kitzbühel letzte Saison war ich erstmals Halbzeitführer und extrem nervös. Mit der Zeit wird man je länger je cooler.»
Die Fahrt war gut, man kann nicht sagen, dass Sie dem Druck nicht standgehalten hätten? «Es war einfach alles sehr eng beieinander. Ich war zwar Führender, hatte aber kein Polster; eigentlich fing das Rennen nochmals von Neuem an. Die bisherigen Podestplätze habe ich nach einer Aufholjagd geholt, diesmal erstmals als Führender des ersten Laufs. Von daher gesehen war es sicher ein weiterer Schritt nach vorn.»
Überhaupt hat man den Eindruck, dass Sie auf diese Saison hin noch stabiler geworden sind. «Ich denke, ich bin in der Tat stabiler, sicherer und reifer geworden. Die Bandbreite ist dadurch grösser geworden. Ich kann mittlerweile auf allen Unterlagen und auf allen Hängen schnell fahren. Das ist auch die Bestätigung, dass wir im Training das Richtige gemacht haben. Es ist schön, dass es immer noch vorwärtsgeht.»
Wie schaffen Sie das? Dank den verrückten Ideen von Didier Plaschy? «Die gehören dazu, ja. Aber sie sind nur ein Teil von einem grossen Ganzen. Da sind auch Inputs im konditionellen Bereich, die Vorbereitung mit dem Team. Der Staff leistet wirklich hervorragende Arbeit, sorgt immer für gute Trainingsbedingungen, und sie gehen auch immer auf Sonderwünsche ein. Über die Weihnachtstage etwa habe ich mit Thierry Meynet in Veysonnaz lange Läufe trainiert. Wichtig ist auch die Konstanz im Training, dass man möglichst viele Läufe ins Ziel bringt. Das gibt dann das nötige Vertrauen fürs Rennen.»
Die anderen Schweizer Slalomfahrer aber tun sich im Moment recht schwer. Müssen wir uns Sorgen machen? «Nein, nein, das kann morgen bereits wieder anders aussehen. Wir haben ein super Team und haben super Bedingungen. Grundsätzlich hat jeder das Potenzial, vorne hineinzufahren.»
Es scheint aber, dass es für einige immer schwieriger wird. «Der Konkurrenzkampf ist extrem. Der 25. verlor in Zagreb nur gerade anderthalb Sekunden auf den Sieger. Das Niveau ist in den letzten ein, zwei Jahren nochmals extrem gestiegen. Die Fahrer der hinteren Startregionen trauen sich, extrem viel zu riskieren. Auf der anderen Seite fallen selbst Top7-Fahrer wie Henrik Kristoffersen oder Daniel Yule weit zurück, wenn sie mal den Rhythmus nicht fi nden wie in Zagreb. Das ist schon extrem.»
Am Mittwoch gehts bereits weiter in Madonna di Campiglio. Eine völlig andere Ausgangslage. «Das ist so. Der Hang in Madonna ist steiler, aber vor allem wird die Tordistanz anders sein. Auf dem extrem langen Hang in Zagreb betrug sie zehn bis elf Meter, in Madonna werden es zwischen neun und zehn Meter sein. Das ist schon ein Unterschied.»
Ich nehme aber an, dass Sie das nicht mehr gross beschäftigen wird? «Nein, das beschäftigt mich nicht mehr und das darf mich auch nicht mehr beschäftigen. Ich weiss, dass ich mittlerweile überall schnell fahren kann.»
Es ist wieder ein Nachtslalom. Läuft da die Vorbereitung anders ab? «Nein, eigentlich nicht. Es ist schwieriger, danach einschlafen zu können, weil der Adrenalinausstoss natürlich gross ist. Alles andere aber ist super. Vor allem die Stimmung, die ist immer mega.»
Interview: Alban Albrecht