«Die Fortschritte in der Technik wirken sich aus»
Ramon Zenhäusern, haben Sie Ihre Stöcke in der Zwischenzeit wieder?
(lacht) «Ja, ja. Die sind beim österreichischen Fernsehen gelandet. Das war natürlich nicht geplant. Aber ich war im Ziel, die Zeit war grün und ich hatte einen Vorsprung von 0,74 Sekunden. Es war wie ein Befreiungsschlag.»
Endlich haben Sie gezeigt, was in Ihnen steckt.
«Ich habe gezeigt, wie ich Ski fahren kann und ich konnte die Trainingsleistungen in einem Rennen bestätigen. Es war ein Hammer-Tag.»
Wie wars in der Leaderbox?
«Unbeschreiblich, vor allem, weils ja dann auch noch spannend wurde. Ich war plötzlich ganz nahe am Podest.»
Neun Hundertstel haben letztlich gefehlt für Platz 3, das fuchst schon, oder?
«Klar ist das ärgerlich. Vor allem, weils ja möglich gewesen wäre. Die Dreierkombination vor dem Ziel bin ich nicht ideal gefahren, sonst wäre ich auf dem Podest. Aber ich darf mich nicht aufregen. Der Slalom ist nun mal eine sehr ‹enge› Sache. Ich hätte auch ausscheiden können. Nein, ich darf mich nicht aufregen.»
Warum konnten Sie nun endlich zeigen, was in Ihnen steckt?
«Ich denke, es ist eine Frage der Erfahrung. Mit den Jahren wird man cooler, weiss, wie man es angehen muss. Ich sehe meine Karriere aber auch
als Entwicklung. Es ist bisher immer aufwärts gegangen, langsam, aber stetig. Ich habe mich immer verbessert, Schritt für Schritt.»
Bei anderen wie etwa einem Luca Aerni gehts mehr auf und ab.
«Das ist so. Wir sind charakterlich sicher unterschiedliche Typen. Ich bin eher der Bedächtige, der Denker.»
Der zweite Lauf war typisch dafür. Sie sind die viertbeste Laufzeit gefahren. Nicht kopflos alles auf eine Karte gesetzt, aber auch nicht verbremst.
«Das kann man so sehen. Der Hang war mit Wasser behandelt, für Touristen wäre das wie eine Eisbahn und auch für uns wars eisig. Man musste mit Kopf fahren, aber dennoch immer aufs Gaspedal drücken.»
Anfang der Saison standen Daniel Yule und Luca Aerni im Vordergrund. Die Jungen haben gewaltig Druck gemacht. Gabs keine Zweifel bei Ihnen?
«Nein, eigentlich nicht. Ich bin jung und ich habe gewusst, dass ich Geduld haben muss. Ich war überzeugt, dass die Resultate irgendwann kommen
werden, wenn ich ruhig weiterarbeite. Wir sind eine Hammer-Truppe, davon profitieren alle.»
Jetzt aber waren Sie an der Reihe. Sie haben damit auch bestätigt, dass Sie auf diese Saison hin nochmals einen Schritt nach vorne gemacht haben. Was sind die Gründe?
«Ich habe in der Vorbereitung einen speziellen Weg gewählt. Ich ging nicht mit dem Team nach Neuseeland, sondern habe zusammen mit
Didier Plaschy in Saas-Fee an der Technik gefeilt. Das wirkt sich aus. Ich bin technisch noch nie so gut Ski gefahren wie jetzt.»
Können Sie sagen in welcher Hinsicht?
«Ich bin sicher noch stabiler geworden, wir haben aber auch gewisse technische Sachen sehr konsequent durchgezogen. Es sind nicht einzelne Dinge, sondern das Gesamtpaket, das einfach stimmt. Auch von Silvan Zurbriggen habe ich wichtige Tipps erhalten. Es ist schon toll, dass uns ehemalige Athleten so unterstützen.»
Das ist aber keine Kritik am Trainerteam?
«Nein, gar nicht. Matteo Joris und die anderen machen einen tollen Job. Plaschy und Zurbriggen sind für mich wie Mentoren. So wie das
Didier Cuche bei Justin Murisier macht. Sie geben Tipps, stehen unterstützend zur Seite. Vor dem zweiten Lauf habe ich noch schnell Silvan
angerufen.»
Was hat er gesagt?
«Er hat mir einige technische Sachen in Erinnerung gerufen. Aber vor allem hat er positiv geredet, das gab mir in dem Moment ein gutes Gefühl, es hat Druck weggenommen.»
Kitzbühel ist vom Hang her ähnlich wie Wengen.
«Das stimmt und ich freue mich darauf. Aber mittlerweile kann ich überall schnell fahren. Die Medien meinen, ich sei wegen meiner Grösse nur im Flachen schnell. Das ist längst nicht mehr der Fall.»
Die Olympia-Qualifikation hat Druck weggenommen.
«Das ist so, aber es war auch nicht einfach. Alle haben gesagt, dass ich nun voll angreifen könne. Der Druck war entsprechend gross.»
Interview: Alban Albrecht