«Allmählich drücken wir aufs Gas»
Ramon Zenhäusern, vor zwei Wochen konnten Sie noch die Walliser Sonne geniessen. Jetzt ist das Schweizer Slalomteam im zweiwöchigen Trainingslager in Schweden. Wie haben Sie den Wechsel in den dunklen Norden geschafft?
«Der Übergang hat für mich super geklappt. Ich freue mich jedes Jahr, eine bis zwei Wochen im Norden zu verbringen. Klar, das ganze Jahr über möchte ich hier nicht leben. Die Sonne vermisse ich schon. Aber ich kann hier extrem gut schlafen und der Appetit ist hier fast noch grösser als daheim.»
Auf welche Schwerpunkte setzen die Trainer aktuell in der Vorbereitung?
«Bis jetzt lag der Fokus auf den technischen Elementen. Nun versuchen wir, in den Rennrhythmus zu kommen. In einem Monat stehen die ersten Rennen auf dem Programm, deshalb drücken wir langsam aber sicher auf das Gaspedal. So haben wir uns in Trainingswettkämpfen mit den Franzosen, den Norwegern und Belgiern gemessen.» (Red. Die beiden ersten Weltcup-Slaloms finden am 21. Dezember in Alta Badia/I und am 22. Dezember in Madonna di Campiglio/I statt.)
Wie sind aktuell die Bedingungen in Kabdalis in Nordschweden?
«Wir können hier dank dem Snowfarming von ausgezeichneten Bedingungen profitieren. Der Schnee wurde im Sommer unter Blachen gelagert und jetzt hervorgeholt. Der auf dem Hang verteilte Schnee wurde mit Feuerwehrschläuchen und dem Balken gewässert. Die Trainer haben da teilweise bis Mitternacht gearbeitet. Die Piste präsentiert sich jetzt wie eine Eisbahn, ideal für das Training.»
Die Vorbereitungszeit dauert jetzt schon eine längere Zeit. Wie können Sie Abwechslung in den Trainingsalltag bringen?
«Ein vielfältiges Trainingsprogramm ist tatsächlich sehr wichtig. Die Zeit bis zum ersten wettkampfmässigen Einsatz ist ja doch recht lang. Wir versuchten, nicht allzu oft auf den Ski zu stehen. So haben wir immer wieder Wochen mit Konditionstraining eingeschoben. Ich probiere auch gerne andere Sportarten aus. Kitesurfen, Windsurfen und auch Schlittschuhlaufen bieten mir eine willkommene Abwechslung im Trainingsbetrieb.»
Viele Skifahrer machen sich über die langfristige Zukunft Sorgen. Die finanzielle Situation ist unsicher. Wie beeinflusst die aktuelle Situation die Stimmung im Team?
«Die Stimmung bei uns ist momentan recht gut. Wir gehen davon aus, dass die Rennen gesichert sind, wenn auch ohne Zuschauer. So sollte es auch mit den Sponsorengeldern klappen. Also haben wir da momentan keine allzu grossen Bedenken.»
Neben dem Sport haben Sie auch noch viel in das Studium investiert. Ist dieses Standbein nach wie vor wichtig für Sie?
«Ja, das stimmt, ich habe da recht viel investiert und im Herbst 2019 an der FernUni Schweiz mit dem Bachelor in Wirtschaftswissenschaft abgeschlossen. Jetzt warte ich, bis an der FernUni Schweiz das Master-Studium angeboten wird. Bis dahin bilde ich mich mit dem Lesen von Büchern weiter und lerne Sprachen.»
In den letzten zwei Austragungen haben Sie als Vierter das Podest in Levi nur ganz knapp verpasst. Wie gross ist das Bedauern, dass der Herren-Slalom in diesem Jahr in Finnland nicht stattfindet?
«Es ist sehr schade. Es war immer ein cooles Rennen. Es schmerzt umso mehr, weil wir aktuell hier im Norden und ganz in der Nähe von Levi sind. So müssen wir nun ohne Saisonauftakt in Levi zurück in die Schweiz reisen.»
Mit Charlotte Chable, Aline Danioth und Elena Stoffel verletzten sich innert kürzester Zeit drei Athletinnen vom Damen Slalomteam. Wie gross ist bei Ihnen der Respekt vor einer Verletzung?
«Das war wirklich unglaubliches Pech. Ich glaube, dass es wirklich Zufall ist, dass es drei Athletinnen vom gleichen Team erwischt hat. Der Respekt vor einer Verletzung fährt sicher immer mit. Aber ich probiere, möglichst nicht daran zu denken. Mit prophylaktischen Übungen wie Stretching, Dehnen und Muskelstärkung versuche ich einer Verletzung vorzubeugen. So hoffe ich, das Risiko zu vermindern. Doch die Gefahr einer Verletzung ist immer da.»
Interview: Norbert Eder